Ackerfrucht

 

Sabine Müller (Kunsthistorikerin)

 

Eröffnung der Ausstellung "Ackerfrucht" in der Galerie S, Aachen

von Angelika Schneeberger (Malerei) und Wolfgang Straßburger (Fotografie).

Angelika Schneebergers Bilder sind ausgesprochen anziehend. Ein Augenschmaus. Sinnlich. Zum Reinbeißen. So prall und knackig hängen die Kirschen an den Zweigen, üppig, schwer, mit ihren verlockenden, fast zum Platzen gespannten Rundungen, verführerisch durchmoduliert von den tiefschwarzen Schatten über eine reiche Skala an bläulichen Rottönen bis zum Weiß der schimmernden Lichter.
Wer so malt, hat sich vom Anblick der Früchte schon verzaubern lassen, sich ihnen ganz und gar hingegeben in einem langwierigen, ihren Reizen verfallenen Malprozess. Der insistierende Blick nähert sich ihnen von einer leichten Untersicht aus: So etwa könnte sich der verbotene Apfel den Blicken Evas dargeboten haben (denn auch Äpfel gehören zum Repertoire, mit ihnen hat sozusagen alles angefangen); von hier aus gibt es kein Zurück. Der Blick bleibt förmlich daran kleben. Nur ergreifen kann man diese Früchte nicht. Zumal die Darstellungsweise nur vordergründig einem strengen Naturalismus verpflichtet ist. Der starke Effekt verdankt sich einer bewusst eingesetzten Idealisierung in der Wiedergabe. Nicht nur durch die starke Vergrößerung wird das Natürliche in eine andere Dimension versetzt , auch die Farbsensationen erscheinen übersteigert, wobei sich der scharf konturierte Hauptgegenstand deutlich gegen die Unschärfen des meist komplementärfarbigen Hintergrundes heraushebt. Die leichte Irritation bei der Betrachtung erklärt sich aus dieser offenen "Zur-Schau-Stellung". Darf man sich der suggestiven Verführung dieser Malerei einfach so ausliefern? Soll man sich an der offensichtlichen Erotik der schwellenden Formen sonnenbeschienener Zitronen im dunklen Laub ergötzen ohne jedes mahnende "memento mori"?
Bei Angelika Schneeberger haben sich die Früchte längst zum alleinigen Bildgegenstand emanzipiert. Was sie vorstellen, ist allein die illusionistisch herausgearbeitete Differenzierung der Oberflächen. So unter die Lupe genommen werden sie zu Analogien eines unerschöpflichen Farb- und Formenreichtums. Gar nicht so still, vielmehr herausfordernd stellen diese Früchte ihre Pracht in schillernden Variationen zur Schau. Also vielleicht doch eine Mahnung, aber nicht die an den Tod, sondern im Gegenteil eine Aufforderung, doch endlich einmal genau hinzuschauen und sich ohne Wenn und Aber auf das Diesseitige einzulassen. Dann entfalten Formen und Farben ihr intensives Wechselspiel und es ist gar nicht mehr so wichtig, dass es sich eigentlich um Feigen, Zitronen, Äpfel und Kirschen handelt.